61. Unsichtbar
Ich möchte an einem Tag unsichtbar werden Mich in mich in dein Herz einschmuggeln Um das widerwärtigste, was es gibt zu tun : Spionieren. Ich möchte mich in Häuser sehen, Dort wo ich keinen Zutritt habe, Möchte Gespräche belauschen Lösungen anbieten.
Ich möchte an einem Tag unsichtbar werden Wie eine Biene im Bienenschwarm Ein Regenwurm in einer Pfütze. Ich möchte mich an einem Tag von Dir entfernen Um für ewig zu Dir zu kommen.
Willst Du mir die Hand reichen? Mich die Stufen hinauf begleiten die ins Niemandsland führen? Willst Du das Nichts aus mir löschen?
Ich möchte an einem Tag unsichtbar sein Um sichtbar zu werden.
62. Die Errichtung eines Palastes
Ich errichte einen Palast Parfüm aus jeder Ritze. Was die Gruft verbirgt, umklammert die Fäulnis. In den Hofgärten spielt der Wind mit Schmetterlingen Und das was die Natur verbirgt Wird zum Traum des Landstreichers.
Ich errichte einen Palast Um ein Gefängnis zu besitzen. Die Alpträume darin, wie der Biss einer Kobra.
Die Liebe zu Dir beflügelt meinen Körper Zu ungewohnten Taten Ich errichte einen Palast Und als mich einmal die Melancholie streichelte Betrachtete ich stundenlang Dein Bild Wie ein Gefangener seine Zelle. Dein Bild, ein Palast aus Träumen.
Ich errichte einen Palast Und kleide mich wie ein Bettler Und bin in meinem Element.
Wenn ich der Sonne ins Angesicht blicke Zählt sie mir meine Fehler auf Und ich verstecke meinen Kadaver in großen Sälen Mit dem Mond als Verbündeten.
Ich errichte einen Palast Und bekenne mich zum Träumer Weil ich die Orchidee im Traum berührte.
Die Liebe errichtet eine Hütte meinem Palast zur Konkurrenz Ich melde meinen Konkurs an.
63. Scham des Alleinseins
Braune Sträucher sind die Embryos Eines Waldes. Grauweise Betonmauern der Beginn Einer neuen Steinzeit.
Warum gibt es Menschen?
Zerrissene Kleider Die Kollektion für Arme. Der Lärm Die Sprache der Stummen.
Ich möchte als Mensch anerkannt werden.
Mein einziges Gut ist mein Leben. Gibt man mir Gutes, gebe ich Gutes Gibt man mir Böses, gebe ich Böses Lässt man mich allein Sterbe ich aus Scham des Alleinseins.
64. Niemand fragt, was man gern hat
Niemand fragt was man gern hat bedrückende Finsternis Anmutige Schönheit in Gestalt von Kobolden. Ein Schutzwall von Lügen Interpretierte Angst als Sympathie Man kokettiert mit Orden Wurde mir soundso Von dem und dem Wegen Nichtbeachtung von Blabla verliehen.
Niemand fragt, was man gern hat Und wenn ich Dich frage Hast Du es gern, wenn ich Dir über die Haare streiche Schaust Du mich an Wie wenn meine Zunge eine Lochkarte wäre.
Lerne zu vertrauen Befürchte nicht das sinnlose Reden Ich liebe Dich Das heißt, ich frag Dich was Du magst Was Du gern hast. ich rede mit Dir.
65. Dreißig Sekunden
Es war mir bewusst Dass ich noch dreißig Sekunden hatte. Eine halbe Umdrehung des Sekundenzeigers Und in dieser kurzen Zeit Wollt ich ihr so vieles sagen.
Als es begann, wusste jeder Dass unser Zusammensein begrenzt sei. Als die Trennung nahte Versuchte jeder den besten Eindruck zu hinterlassen.
Es war mir bewusst Dass ich noch dreißig Sekunden hatte Und ich versuchte ein Wort zu finden Nur ein Wort Damit sie sich später erinnert Ihre Zukunft Hat noch viele Bekanntschaften offen Und sie ging Sie entfernte sich Und ich blieb stumm.
Jahre später Kehrte ich an den Ort zurück Und rief mit der Bitte an Sie, mich zu hören: „Geliebte“
Dreißig Sekunden war die Frist der Zeit Die Frist der Herzen dauert ein ganzes Leben. Unsere Freundschaft war eingezäunt Ein Beginn und ein Ende Aber das Dazwischen ist die Bescheidenheit.
66. Die Meinung
Wenn man über sie sprach, sagte man spontan: Eine gute Frau. Die Jahre zogen dahin, und es stellte sich heraus dass ihr Vater irgendwann, irgendwo ein KZ- Aufseher gewesen war. Und seit diesem Tag spricht nur der Milchmann mit ihr.
Wenn man über sie sprach, sagte man spontan: Mörderbrut Die Jahre ließen sich nicht aufhalten, sie wurde alt Und von allen gemieden.
Jetzt, wo sie tot ist, sagen alle: Sie war doch eine gute Frau Nur manche werden leicht rötlich, „ist sehr heiß heute, nicht wahr?“
67. Don Quijote
Da löschte er eines Tages Seine ganzen Konten Kaufte sich einen goldenen Zahnstocher Sagte: “Ich bin Don Quijote“
Er durchwanderte Städte Begrüßte jeden Reichte allen die Hand
Nach Jahren Wollte er sich zur Ruhe begeben Weil er der Wanderung müde.
Und sie kamen von überall Wünschten ihm gute Besserung Lächelten: Gute Genesung.
Er wurde gesund Ging wieder auf Wanderschaft Sagte: „Ich bin Don Quijote“ Seinen Zahnstocher suchte er aber vergebens.
_________________ Bleibe Dir immer treu
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