Ottis Forum

.
.
.
....................schildchen

....................ich nähe namen
....................ein in höschen für die klinik

....................größere schlafanzüge
....................mit etiketten in der kinderkur

....................und wieder schildchen
....................für rehasachen

....................dann bändchen paar um paar
....................in schwarze venenstrümpfe

....................namen nähe ich ein
....................in schmale altenwäsche

....................das letzte hemd
....................bleibt weiß


....................b. d.

macht nachdenklich

das letzte Hemd bleibt weiß … aber hoffentlich nicht namenlos

_________________
jedes nicht festgehaltene wort ist ein verlorenes wort - schreiben gegen die zeit, die noch bleibt ©mbpk

Liebe Mai Britt,
darüber habe ich erfolglos nachgedacht. Das letzte Hemd. Das Totenhemd, das ja nach volkstümlicher Weisheit "keine Taschen hat".
Meine Toten, meine lieben Toten, habe ich nie im Totenhemd gesehen. Immer haben sie angekleidet im Sarg gelegen, oft noch mit einer Zierdecke bis zum Hals bedeckt.
Ich vermute, dass das Totenhemd kein Namensetikett hat.
Weiß allerdings nur, dass ich keines eingenäht habe.

Der Tod macht alle Menschen gleich,
sie verlieren Identität und Namen.
Die Angehörigen bezeichnen mit Holz,
Metall, Stein den Ort, an dem der Tote
ruht und legen seinen Namen obenauf.

Ein ordentliches Leben, dein und mein, aber du nimmst nichts mit ...

_________________
bye, bye, my I

Liebe Bess,
ich habe über deine Worte nachgedacht.
Auch ich habe nur gut gekleidete, unter Zierdecken liegende Tote gesehen.
Tote, die mir lieb und teuer im Leben waren.
Namensettiketten haben wir auch nicht eingeklebt.

Ich dachte bei meiner Bemerkung an jene Tote,
die von keinen Hinterbliebenen betrauert werden,
für die keine Kreuze und Steine aufgestellt werden,
jene Tote, die namenlos und unvermisst in die Erde gesenkt werden,
wo niemand sagt:
Du fehlst.

_________________
jedes nicht festgehaltene wort ist ein verlorenes wort - schreiben gegen die zeit, die noch bleibt ©mbpk

Es gibt viel zum Thema, worüber man nachdenken kann.
Mir ist kürzlich auf facebook eine Notiz von Ulrike Bail begegnet (deren eines Gedichtbändchen übrigens "Sterbezettel" betitelt ist). Sie lebt in Luxemburg und berichtet über einen Ort in der Schweiz, so sich Autorinnen (Autoren auch?) gefunden haben, die für Tote ohne Angehörige, Freunde, vornehmlich Obdachlose, am Grab ein Gedicht lesen. Ob sie es vorher selbst schreiben, vermute ich. Das ist ein nachahmenswerter Brauch, finde ich.

Und weiter nachgedacht über das "Hemd ohne Taschen", darüber, dass du zu Lebzeiten ("mit der Warmen Hand") geben sollst.
Immer unter diesem Motto: Man kann nichts mitnehmen.

Dies blank und nackt Enden stößt gerade jetzt Gedanken an.
Kann der Tote nichts mitnehmen?
Wie ein kleiner Trotz und dennoch sehr traurig steigt in mir empor:
Er nimmt alles mit, sein ganzes Leben, seine Liebe, seine Gedanken.

Ein wenig mag er im Leben davon herumgestreut und verschenkt haben, so werden diese kleinen Teilchen vielleicht noch eine Generation überstehen.

Einspruch! Ich werde auf jeden Fall ein Handtuch mitnehmen. Man weiß ja nie!

_________________
Der Kopf denkt weiter als man denkt.

Otti, vielleicht gibt es ja Religionen oder Kulturen, die dem Toten eine Art Lendenschurz umwickeln. Könnte ein Handtuch sein ... Du musst es bei deinem Abflug in Lichtgeschwindigkeit nur sehr festhalten.

so, so, das sind deine pläne, einfach so in der galaxis herumgurken und deinen guten ruf pflegen
da braucht man dann zweifellos auch ein namensschildchen ...

_________________
bye, bye, my I

Und zur Sicherheit vielleicht eine leuchtende Warnweste …

_________________
jedes nicht festgehaltene wort ist ein verlorenes wort - schreiben gegen die zeit, die noch bleibt ©mbpk

Er nimmt nicht nur sein Leben mit, sondern auch ein Stück des Lebens derer, denen er etwas bedeutet hat.
Unsere Toten, die wir geliebt haben, lassen uns mit Lebenslöchern zurück. …

_________________
jedes nicht festgehaltene wort ist ein verlorenes wort - schreiben gegen die zeit, die noch bleibt ©mbpk