Am Katzentisch des Lebens mag es karger zugehen als anderswo, aber desto geschärfter ist die Beobachtungsgabe. Schließlich haben die Katzen dort ihren Platz. Kinder haben vieles gemeinsam mit ihnen. Obwohl für sie nicht alles durchschaubar ist und einiges für immer unerklärlich bleiben wird, klärt sich
anderes aus anderen, späteren Blickwinkeln heraus, wie sie sich im Laufe des Lebens ergeben. Alle Geschichten beginnen am Katzentisch, dort werden die Leitmotive entdeckt, die sich durch das ganze weitere Leben ziehen und es bestimmen. Dort fängt die Phantasie an zu blühen und macht sich ihren ersten Reim. Dort erlernt das Kind die Notwendigkeit der katzenhaften Gelassenheit, des Wartens. Und als Katze hat man ja viele Leben.
Auf einem Schiff auf der Fahrt von Ceylon nach England entkommen drei elfjährige Jungen aller gewohnten Ordnung und erfinden sich in den neuen Umständen neu – wozu man in diesem Alter und noch mehrmals später die Gelegenheit haben sollte, aber nicht immer hat, nämlich sich in der Begegnung mit anderen Menschen anders zu sehen. Und jeden Tag mindestens ein Verbot zu übertreten, das ist die Aufgabe.
So kreisen also die Menschen umeinander in diesem festumrissenen Kreis, den ein Passagierschiff darstellt, tangieren sich, greifen ineinander, entfernen sich, verschwinden wie die Kreise auf dem Wasser, in das sie fielen. Sind für den Rest ihres Lebens entfernt oder nahe, aber jedenfalls aufeinander bezogen, in Gedanken, im Vergessen, in Traum und Vorstellung und manchmal im Wiedersehen.
Michael Ondaatje folgt ein paar verschlungenen Leben und Pfaden in ruhigem und neugierigem Reflektieren, welche das Kind ehrt, das er und die Gestalt seiner Erzählung einmal waren. Noch immer vom Katzentisch aus, den er nur vermeintlich mit einem Platz näher zum Kapitänstisch vertauscht hat. Wahre Geschichten werden nur am Katzentisch gesponnen. Ganz folgerichtig bedeutet „schnurren“ auf schwedisch „spinna“ ...