Als Mary Anne Schwalbe im Alter von 73 Jahren unheilbar an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt, geht sie bewußt von einem unglaublich aktiven amerikanischen öfffentlichen Leben über in ein nicht minder aktives, von neuen Bedingungen geprägtes Leben. Während der vielen stundenlangen Behandlungen mit Zellgiften, die ihr Leben verlängern sollen, und bei denen ihr Sohn Will, der Autor des Buches, sie begleitet und ihr Gesellschaft leistet, reden die beiden über alles mögliche, vorallem aber über Bücher, die sie sich gemeinsam vornehmen. „Sie erinnerten uns daran,“ schreibt Will Schwalbe, “daß wir unabhängig davon, wo wir uns auf unserer jeweiligen individuellen Reise gerade befanden, immer noch gemeinsam Bücher lesen konnten, und während wir das taten, waren wir nicht die kranke Person und die gesunde Person, sondern einfach eine Mutter und ein Sohn, die zusammen neue Welten entdeckten. Außerdem brachten die Bücher eine sehr willkommene Stabilität in unser Leben, und das war etwas, wonach wir uns beide sehnten in jenem umwälzenden Chaos, das Mamas Krankheit mit sich brachte.“
Dabei machen sie vorallem die Erfahrung, daß man nicht nur
über Bücher, sondern
durch Bücher auch über heikle und sehr private Dinge miteinander sprechen kann. So folgt der Leser nicht nicht nur den Leseerlebnissen der beiden Protagonisten, sondern erfährt durch sie hindurch eine Menge über ihre jeweiligen Lebensgeschichten aus des einen oder der anderen Sicht. Und “Lesen ist nicht das Gegenteil von handeln, es ist das Gegenteil von sterben. Bei Büchern geht es nicht um Zeitvertreib, sondern um andere Leben, andere Welten. Weit entfernt davon, die Zeit vertreiben zu wollen, wünscht man sich nur, man hätte mehr davon.“
So schafft Will Schwalbe ein dichtes Gewebe, in dem die Schilderung der letzten Lebenszeit seiner Mutter, der Familiengeschichte der beiden und der Bücher, die sie lesen, ineinanderlaufen und sich aus einander ergeben in einem lebendigen Fluß, der ihr Leben ausmacht. Und da gibt es auf allen Ebenen viel Spannendes, Einsichtsvolles und Ergreifendes zu erzählen.
Ein Buch, das mir viel gegeben hat.