Ich war im Onkgawangka-Delta gelandet. Der Verlust meines Überalltriebwerks hatte mich aus dem All gespuckt. Eigentlich konnte ich zufrieden sein. Schließlich hätte mich das All auch nach New York spucken können. So aber blieb meine Landung, wenn man sie denn so nennen will, weitgehend unbeobachtet. Mit Ausnahme der Onkgawangkas. Sie sahen mein Schiff vom Himmel stürzen. Aber den Onkgawangkas war das nicht suspekt. Schließlich wussten sie um diese höhere Wesenheit, ihren Gott, der mit ausgebreiteten Armen Streifen an den Himmel malte. [ Ich meine, leben Sie einmal vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten, wobei Ihnen diese Abgeschnittenheit vollkommen fremd ist, da Ihnen die Außenwelt fremd ist]. Ich landete, besser gesagt, ich strandete mit meinem Schiff also im Onkgawangko-Delta, und hinterließ dabei eine Schneise der Zerstörung, die sich mitten durch das Dorf der Onkgas zog. Ich dezimierte die Bevölkerung mit einem Schlag um die Hälfte, wobei ein großer Teil der Überlebenden sich wohl lieber auf der anderen Seite gesehen hätte, ob ihrer Verletzungen. Zum Glück dachten die körperlich Unversehrten, sie seien verschont worden und die anderen zu Recht getötet bzw. entstellt. Mein Aussehen schockierte sie weniger als ich anfangs vermutete. Na ja…sie waren aus den Urwäldern die seltsamsten Lebensformen gewohnt. Warum also sollte ich Ihnen ähneln, schließlich war ich Gott. Mir wurde dieser Umstand dank ihrer unterwürfigen Gesten schnell bewusst, hätte allerdings gerne auf ihre meist noch lebenden Opferspeisegaben verzichtet. Aber was tut man nicht alles, um einem Gott zu entsprechen. Also aß ich und lächelte dabei, wobei ich mir nicht sicher bin, ob die Onkgas diesem für sie bestimmt äußerst befremdlichen Gesicht [wollen wir es der Einfachheit halber so nennen] ein Lächeln entnehmen konnten. Ich lächelte auch noch, als sie begannen mich zu befummeln. All diese Unergründlichkeit musste von den Onkgas erfasst werden, konnten die Augen alleine dieses Unergründliche weder glaubhaft erfassen, zuordnen – geschweige denn, dem allen einen Namen geben. Nach Stunden der spürsinnigen Identifizierung sprach der Häuptling - ob seines Auftretens und seines Schmuckes eindeutig als solcher einzuordnen - , mit seinen Händen ein Dach über mir bildend: Onkgwa! worauf alle Versehrten und Unversehrten auf mich zu krochen bzw. liefen um in tiefer Demut auf alle Viere zu fallen (was den Versehrten erspart blieb, ob ihrer mittlerweile natürlichen ‚Auf-alle-Vier-Haltung‘) und in eine stundenlange Onkgalitanei verfielen. Ich hatte einen Namen. Und wie bei allen Dingen die man benennen kann, schwinden Hemmschwellen und Ängste zunehmend, schließlich ist man in meinem speziellen Fall nun mit Gott per Du. Alltag. Göttlicher Alltag. Kein schlechtes Leben. Füße küssen (wollen wir die sieben Extremitäten der Einfachheit halber so nennen), auf Händen tragen…ja, etliche Hände, Bewunderung, Liebe, abgöttische Liebe versteht sich…und dieser ständige Wunsch meiner Kinder ich solle Wunder vollbringen. Sie zeigten zum Himmel, erwarteten wohl, dass ich hinaufsteigen solle, halt einfach mal wieder so richtig Gott sein und darbieten. Doch mein Schiff war hinüber. Zumindest so weit hinüber, dass Fliegen nicht in Betracht kam. Also beschränkte ich mich auf machbare Wunder. Glücklicherweise funktionierten die Pro-Materie-Batterien des Schiffes noch, so dass ich die Dunkelheit mit für die Onkgas vollkommen fremden Lichtern erhellen konnte und dieses mit Musik meines intergalaktischen Lieblingssenders untermalte. Selbst die Werbungen zwischen den Titeln fanden sie spannend. Ich ließ Feuer regnen, Motoren aufheulen, es hupte und klingelte, der Schwalomüller (Schwarzes-Loch-Mülleimer) ließ ‚oh du unergründliches Wunder‘, alles verschwinden. Göttlich halt. Aber auf Dauer aber auch ermüdend. Leider nicht nur für mich ermüdend. Die Pro-Materie-Batterien geben langsam ihren Geist auf. Ihnen fehlt die dunkle Materie. So wird es langsam eng bezüglich der Wunder. Und wie es so ist, wenn man zu etwas Alltäglichem wird, so ganz und gar ohne den göttlichen Glanz, schwindet die Bewunderung, die abgöttische Liebe und übrig bleibt, was man denn so ist. Ich muss mir meine Nahrung erarbeiten. Da ich recht groß bin im Vergleich zu den Onkgas und sie durch mein eindringliches Erscheinen einen großen Teil ihrer Hütten verloren haben, benutzen mich die Onkgas gerne als Dach. Ich stehe auf meinen sieben Extremitäten (drei oben, vier unten) biege meinen Körper durch und bilde so eine Art Brücke, unter der sie es sich bequem machen. Manchmal benutzen sie mich tatsächlich als Brücke, um, ganz oben angekommen, Früchte von den Bäumen zu pflücken. Was mich allerdings durch und durch beunruhigt ist die Tatsache, dass sie neulich einen Flieger am Himmel sahen. Wie ihr euch denken könnt, zog er einen Strahl hinter sich her. Seitdem sehen mich die Onkgas mit anderen Augen an. Letzte Nacht erwischte ich zwei von ihnen dabei, wie sie an einem meiner unteren Extremitäten knabberten.
Sie sind ständig am Murmeln, beäugen mich misstrauisch. Ich getraue mich nicht mehr zu schlafen. Aber irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft wird es geschehen. Ich werde einschlafen und nicht mehr aufwachen. Ich schicke die Nachricht mit der letzten Pro-Materie-Energie in den dunklen Raum, in der Hoffnung, dass ihr, mein Volk, sie empfangen werdet. Ein Rat zu guter Letzt. Solltet ihr einmal in eine ähnliche Situation geraten:
Immer schön auf dem Teppich bleiben, sonst seid ihr Ruckzuck Götterspeise.
_________________ Der Kopf denkt weiter als man denkt.
|