Wenn ich so am Hafen entlang wandere, überkommt sie mich immer wieder… Pier 43….Hier begann die Reise. Ich war jung und die Welt ein Abenteuer, dass nur auf seinen großen Helden wartete. Großvater hatte das Feuer schon früh in mir entfacht. Seine Geschichten von der rauen See, der endlosen Freiheit, dieses „dem Tod in die Augen sehen“, neue Länder, Entdeckungen, „In jedem Hafen wartet eine Braut“, ja, dass wollte ich haben. Mutter hatte zu seinen Geschichten immer nur den Kopf geschüttelt. „Dein Opa ist nie zu See gefahren. Er ist ein Träumer und wenn ich in deine Augen schaue, erkenne ich die Träume in dir wieder.“ Wenn ich Großvater von den Vorwürfen seiner Tochter erzählte, meinte er nur, dass man Frauen nicht alles erzählen sollte. „Es gibt Dinge mein Sohn, die sind nur für Männerohren bestimmt. Oder glaubst du, dass wir an Bord unserer Schiffe ein Weibsbild geduldet hätten? Zum Teufel…..Nur Unruhe hätten sie an Bord gebracht. Nein, nein! Die Frauen warteten in den Häfen auf uns, und dass war gut so. Mit diesen Gedanken ging ich an Bord. Abenteuer fand ich keine. Die Welt brauchte keinen Helden. Alles was ich von der Welt sah, waren Häfen und Kneipen. Die Bräute warteten tatsächlich….Auf mein Geld. Es stank in den Kneipen und die Bräute waren abgetakelte, alten Huren. Ihre Geschichten waren alle gleich. Auch sie hatten sich irgendwann einmal auf die große Reise begeben. „Komm Welt, umarme mich.“ Am Ende waren es die Arme der gierigen Seeleute, in denen sie lagen. Einen Hafen hatten sie gefunden, nur keine Heimat. Aber wenn sie erzählten, leuchteten ihre Augen, wie die meines Großvaters, und sie waren sich immer noch sicher, ihren Kapitän eines Tages zu finden.
Ich kehrte heim. Ein Teil von mir……Der Andere blieb draußen auf See. Wenn man einmal zu See gefahren ist, bleibt das Salz in der Haut. Für immer. Der Geruch des Meeres ist Teil von mir geworden und meine Gedanken ruhen auf dem Grund. Es ist die große Leere, die mir fehlt. Manchmal hatten der Himmel und das Meer die gleiche Farbe und ich den Eindruck, dass Beide ineinander verschwammen. Dann gab es kein oben und unten mehr…….Ich stand an der Reling und mein Gedanken vergingen in diesem riesigen, horizontlosen Himmelsmeer. Mein Spiegelbild lächelte mir von der Oberfläche entgegen und flüsterte: „Unsagbar weit, unsagbar weit…“ Jetzt bin ich nur noch die Hälfte von mir. Aber es ist zu spät für die Suche. Alles ist so unsagbar weit….
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_________________ Der Kopf denkt weiter als man denkt.
Zuletzt geändert von Otti am Do 8. Mai 2003, 15:16, insgesamt 1-mal geändert.
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