Nach Paris. Einmal nur nach Paris, sagtest du.
Wir waren noch nie dort. Nie war Zeit, nie Gelegenheit. Oder hatten wir sie nur nie gesucht, nie ergriffen? Und nun? Ich sah dies Leuchten in deinen Augen, als du davon sprachst. Diese Sehnsucht in deiner Seele. Und ich fühlte mich schäbig, wertlos. Weil ich dir nicht geben konnte, was du so sehr wünschtest. „Nur einmal.“ Ganz leise kamen diese Worte aus deinem Mund. Bittend. Flehend. Und ich wusste, es bedeutete dir alles. Dein Leben. Dieses Leben, das nur noch wenige Monate dauern würde. Und ja, ich wollte dir diesen Wunsch erfüllen. Nur einmal. Paris.
Die Vorbereitungen waren langwierig. Da ich dich jeweils nur für kurze Zeit allein lassen konnte, musste ich oft gehen, um alle Besorgungen zu erledigen. Aber Stück für Stück konnte ich meine Liste abhaken.
Heute ist es soweit. Heute wirst du Augen machen, Paris sehen. Es ist alles vorbereitet, für dich bereit. Vorsichtig steigst du die Treppen hinab. Durch die Tür hinaus und zum Auto. Wir werden mit dem Auto fahren. Das ist bequemer für dich. Wir können anhalten, wie du es brauchst. Und vor allem: Wir sind allein. Nur du und ich. Du lächelst und ich sehe die Vorfreude in deinem Gesicht. Und hoffe, dass ich ihr und dir gerecht werden kann.
Die Fahrt ist lang. Sehr lang. Und doch nicht lang genug für all die Gedanken und Überlegungen, für deine Phantasie. Was du dir ausmalst, vorstellst. Ich bin gespannt, was du sagen wirst, wenn wir erst dort sind.
Inzwischen ist es dunkel geworden. Endlich sind wir da. Vor uns die Lichter von Paris. Nur ein paar Meter noch, dann sind wir beim Hotel angekommen. Ich helfe dir beim aussteigen, die Stufen hinauf. Aufgeregt bin ich wie vor unserem ersten Kuss. Wird es dir gefallen? Wird es reichen, was ich organisiert und vorbereitet habe?
Ich weiß, das viele Laufen und Stehen im Louvre wird zu anstrengend für dich sein. Und die Fahrt auf die Aussichtsplattform im Eiffelturm ist zu teuer. Obwohl ich monatelang gespart habe für diese eine Nacht in Paris. Aber es wartet in unserem Hotelzimmer auf dich: der Eiffelturm, Louvre, Arc de Triomphe, Pont Neuf – wirklich. Ich weiß, mein Schatz – aber mehr ist nicht drin. Nicht dieses Jahr, nicht ohne Arbeit, ohne festes Einkommen. Komm, sieh es dir wenigstens an. Ich habe es für dich gebaut, die ganzen Wochen über, nur für dich. Damit du Paris sehen kannst. Einmal nur. Nur einmal.
Dein Schritt ist zögerlich. Fragend siehst du erst mich an, dann das Portal des Hotels.
Hotel Paris – steht dort in großen Lettern. Hotel Paris, mitten in Marburg.
(c) K.M. 2005 - der Text ist Ergebnis einer Schreibübung zum Thema "Paris" in einem anderen Forum
_________________ Lieben Gruß,
Kathrin
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dem wort anheim fallen...
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