Das Leben ist der seltsamsten eines, es lehrt dich „the hard way“, wie man auf Englisch sagt, und nicht anders lehrt es dich das Allergeringste.
Niemals zum Beispiel begriffest du besser oder überhaupt den Zusammenhang zwischen der ununterbrochenen Versorgung mit elektrischem Strom und dem Fortgang allen Lebens, als durch die Unterbrechung desselben mit der Folge des Zusammenbruchs des weiteren.
BRUCH. Oder vielmehr: KLACK machte es, und alles war weg. Licht, Bildschirm, fließendes Wasser, Klospülung.
So geht es oft zu bei uns im Walde, wo wir ein eigenes, sehr richtig: stromgetriebenes Wasserwerk unser eigen nennen. Wir – das sind die hundert Häuschen, die hier bewohnterweise zwischen den Bäumen herumstehen und eine kleine sozio-irgendwelche Einheit bilden, die eines Wenigen an Organisation bedarf, wenn ein wenig zu oft, nämlich etwa bei jedem zweiten Gewitter und definitiv bei jedem mittleren bis schwereren Sturm, den Gott werden läßt, der ... ja, genau: der Strom ausfällt.
Meistens tut er das für mindestens fünf Stunden, die sich aber auch zu dem einen oder anderen ganzen Tag aufblähen können, wie nur fünf Stunden es fertigbringen – Sie wissen zweifellos genau, was ich meine.
Klack also machte es einmal wieder, und das machte es prinzipiell natürlich (natürlich!) nur, wenn a) schon die Nacht hereingebrochen war und tiefste Finsternis herrschte, und b) ich mich mitten in einer Handlung befand, die sich weder unterbrechen noch wiederholen, sondern ausschließlich zerstören läßt – der geneigte Leser ahnt es: nämlich der schriftlichen Ausführung einer unsterblichen dichterischen Idee. (Ich bin Poet, das muß ich wohl kaum noch erwähnen.) Dort also, dort landet sie, die Unsterbliche, falls jemand sich das je gefragt haben sollte: im Orkus des exemplarischen, des sprichwörtlichen, nein: des mehr als wörtlichen Stromausfalls.
Hinweg also mit der Idea-in-progress, wie die Engländer sagen würden, und herbei mit den Kerzen, den wirklich wirklichen Büchern und dem für diesen Fall vorgesehenen Wasserkanister, um in hygienischer Hinsicht nicht gleich und auf der Stelle unter jedes menschliche Niveau hinabzusinken, wie die Franzosen sagen würden.
Und für den Fall, daß es gerade Winter ist, heißt es ein munteres Feuerchen im Öfchen zu entzünden, das wohlige Wärme spendet, und auf welchem sich notfalls auch ein Mahl erwärmen läßt.
Mit anderen Worten, das Leben ist plötzlich wieder, was es einmal war: es ist ernst, es ist der Kampf ums nackte Überleben, und die unsterblichen poetischen Gedanken müssen darauf warten, daß eine neue Zivilisation Ellenbogenfreiheit für sie schafft – „Geben Sie Gedankenfreiheit, Sire!“ ... oder so, wenn Sie verstehen, was ich meine.
Sie sind der Inbegriff des Spieles, zu dem alles Leben verkommt, sobald die ununterbrochene Versorgung mit elektrischem Strom sichergestellt ist.
Da allerdings sei Gott vor, dachte Gott, und so schuf er am achten Tage (nach dem wohlverdienten Wochenende) den Stromausfall.
(der Moers fährt einem ganz schön ins Hirn ...) smiley_11: