Auf einer klitzekleinen Welt gab es ein klitzekleines Land. Und in dem klitzekleinen Land gab es ein klitzekleines Schloss und es gab ein klitzekleines Haus. In dem klitzekleinen Schloss lebte einst König Buh und in dem klitzekleinen Haus darin lebte Pippi Pepperkorn. Es geschah so, dass eines Tages König Buh erfuhr, dass Pippi Pepperkorn Schuhe besaß, mit denen sie überall hin reisen konnte. Es waren sozusagen Zauberschuhe. Jedoch wusste König Buh nicht, dass eigentlich nicht die Schuhe zaubern konnten, sondern es waren die Schnürsenkel, die Pippi Pepperkorn von hier nach da brachten. Wenn Pippi Pepperkorn die Schuhe band, war sie zum Beispiel flugs im Zitterwald. Aber es verhielt sich auch so, dass wenn Pippi zuerst den linken Schuh band, sie nicht im Zitterwald war, sondern am Spiegelsee. Nur wenn sie den Rechten zuerst band, dann kam sie in den Zitterwald. Und wenn sie an den Schuhen nur Knoten machte und keine Schleifen, da fand sie sich bei der Hexe Knöterich wieder und wenn sie an einem Schuh einen Knoten machte und eine Schleife am Anderen, stand sie auf dem Schneeflockenberg. Dabei war das auch wieder so eine Sache, wo die Schleife saß. Auf welchem Schuh der Knoten und auf welchem die Schleife und es verhielte sich auch so, dass nur wenn Pippi die Schnürsenkel an beiden Schuhen gleichzeitig band, nur dann war sie wieder daheim in ihrem klitzekleinen Haus. Ihr seht, das war eine verzwickte Sache und man musste schon ganz genau darüber Bescheid wissen und Pippi wusste Bescheid. Sie war extra auf der Zauberschnürsenkelbindeschule bei Professor Bindemich. Aber das alles wusste König Buh nicht. Er wusste nur, dass Pippi Pepperkorn Zauberschuhe besaß und diese wollte er unbedingt haben.
„Also“, grollte er und stampfte so wütend auf, dass der Kronleuchter wackelte, „das darf nicht sein, dass ich der König bin und solche Schuhe nicht besitze!“ „Das ist wohl wahr.“, zitterte der Kronleuchter.“ „Und was machen wir da?“, fragte der König. „Ich weiß nicht.“ „Na was man da so macht! Ich werde zu dieser Pippi gehen und ihr befehlen, mir die Schuhe zu geben!“ Kaum hinaus gebrüllt in die klitzekleine Welt, sattelte er sein Pferd und machte sich auf den Weg zu Pippi Pepperkorn.
Pippi Pepperkorn war nicht zu Hause, als der König vor ihrem klitzekleinen Haus stand. Pippi war im Wald, um Pilze zu sammeln und Reisig für das Feuer, denn im Herbst wurden die Tage zunehmend kühler und man musste abends schon heizen. König Buh lugte durch das Fenster und da standen die Zauberschuhe recht ordentlich beieinandergestellt neben Pippis Bett. „Sieh da, sieh da!“, sprach König Buh und rieb sich die Hände, „da sind ja die zwei Hübschen. Gleich seid ihr mein! Ihr braucht nicht lang zu warten, Onkel Buh holt euch gleich und dann bekommt ihr ein schönes Plätzchen in meinem Schloss!“ Darauf nahm er einen Stein und schlug Pippi Pepperkorns Fenster entzwei. Dabei hätte er das gar nicht tun müssen! Die Tür war offen! Pippi Pepperkorn verriegelte nie die Tür! Er hätte können einfach durch die Tür gehen, aber das wusste König Buh natürlich auch nicht. Nachdem er nun das Fenster zerschlagen hatte, kletterte er in das Haus, schnappte sich die Schuhe, schwang sich auf sein Pferd und ritt geschwind wieder von dannen.
Derweil kam Pippi mit einem Korb voller Pilze und ein Bündel Reisig unter dem Arm aus dem Wald zurück. „Was ist denn hier geschehen?“, fragte sie sich, als sie das zerschlagene Fenster sah und auch die Glassplitter am Boden. „König Buh wars, König Buh!“ zwitscherte es aus dem Geäst. „Oh, wer spricht da?“, fragte Pippi Pepperkorn. „König Buh, König Buh!“, aufgeregt flatterte Arich aus dem Gebüsch. Arich ist wie Pippi Bewohner des Zwitscherwaldes, also ein Nachbar von Pippi und ein guter Freund. „Was sagts du Arich? König Buh hat mein Fenster zerschlagen? Aber warum?“ „Er hat auch deine Schuhe gestohlen!“, zwitscherte Arich aufgeregt weiter. „Nein!“, Pippi stemmte sich die Fäuste in die Hüften und schüttelte den Kopf. „König Buh! Der kann was erleben!“ „Der kann was erleben!“, plapperte Arich nach. „Und was kann er erleben?“ „Wir werden ihn besuchen und wir werden uns die Schuhe wiederholen!“ Pippi packte etwas Proviant ein, zwei Butterschnitten, einen Apfel, eine Flasche Zitronenlimonade und sogleich machten auch sie sich auf den Weg.
„Feflixt und zugenäht!“, schimpfte der König, wo bin ich denn jetzt wieder hingeraten? Sieben und Siebenunddreißig mal hat er die Schuhe schon aus- und angezogen, auf- und zugebunden und immer und immer wieder war er ganz wo anders, als da, wo er eigentlich hin wollte. Aber jetzt, jetzt ging es eindeutig zu weit! Kopfüber hing er in dem alten Apfelbaum, der unter der Last des Königs knarrte. „Geh sofort runter von mir! Du brichst mir noch all meine Äste!“ Verärgert schüttelte sich der Baum. Darauf gab es einen dumpfen Knall und der König lag auf dem Boden. Und hinterdrein plauzten noch drei vier Äpfel auf seinen Kopf. „Auauaau!“, jammerte er: „Auauauau!“ „Sei still! Du verscheuchst mir doch die ganzen Vögel! Was treibst du dich auch an Plätzen herum, die nicht für dich bestimmt sind!“ „Das waren diese verfluchten Schuhe!“, sprach König Buh. „Was?“, der Baum lachte laut, dass die Äste zitterten: „Die Schuhe! Hat man sowas schon gehört!“ „Ja, die Schuhe! Diese verflucht verflixten Schuhe machen was sie wollen!“ „Aha. Was machen sie denn?“ „Na die bringen mich an Orte, an irgendwelche Orte!“ „Soso.“ „Und dabei will ich in mein Schloss! Ich will zurück! Und zwar sofort!“ „Ach. In dein Schloss.“ „Jawohl! Ich bin König, König Buh und ich will in mein Schloss!“ „Na sieh einer an. König Buh, König Buh der Schreckliche wahrscheinlich. Kommst hier mir nichts dir nichts in mein Geäst geflogen! Machst ein Geschrei das einem die Ohren taub werden! Verscheuchst mir die Vögel, brichst mir fast meine Zweige ab und entschuldigst dich nicht einmal dafür!“, knirschte der Apfelbaum verärgert. „Ein König muss sich für gar nichts entschuldigen, für überhaupt nix!“, wütend zog er die Schuhe an und band hastig den linken Schnürsenkel und …. „Wo ist er denn jetzt hin?“, suchend schaute der Apfelbaum sich nach König Buh um, aber er war verschwunden. Einfach verschwunden. „Na sowas seltsames auch. Ja, wer weiß, vielleicht sind das doch Zauberschuhe und er sitzt jetzt auf einen Ameisenhaufen, oder hängt an einer Wäscheleine!“ sprach der Apfelbaum lachend. „Was gibt es lustiges?“, fragte Pippi Pepperkorn, die gerade des Weges kam. „Da war gerade so ein König Buh, der hing zuerst in meinen Ästen und faselte was von den Schuhen, die ihn …… und … hahaha… und jetzt er hängt wohl gerade an einer Wäscheleine, oder sitzt auf einen Ameisenhaufen. Hahahah!“ und wieder fing der Baum an zu lachen und wollte gar nicht mehr aufhören. „Recht geschieht es ihm“, kicherte Pippi. „Nicht war Arich?!“ „Genau, genau! Das waren nicht seine Schuhe, von denen er sprach, das waren Pippis Schuhe!“ „Stimmt! Und dieser König Buh hat sie mir gestohlen! Dabei war er nicht auf der Zauberschnürsenkelbindeschule und weiß sie nicht zu bedienen. Und gleich gar nicht kann er beide Schnürsenkel gleichzeitig binden, so etwas lernt man nur bei Professor Bindemich!“, sprach Pippi. „Stimmt, Stimmt genau!“ „Sag, lieber Apfelbaum, hast du vielleicht gesehen, wie König Buh die Schuhe gebunden hat?“ „Nein, mein Kind, da hab ich nicht darauf geachtet. Warum?“ „Na, dann wüsste ich vielleicht, wo er gerade stecken könnte,…. oder rumhängt.“ Pippi konnte sich das Kichern kaum verkneifen: „Aber, das ist nicht so schlimm, ich werde ihn schon finden.“, sprach Pippi, aber so sicher war sich Pippi gar nicht, dass sie ihn finden würde. Er könnte sonst wo sein. „Dann wünsche ich dir eine gute Reise Pippi und vielleicht kommst du mich wieder besuchen, wenn du den König gefunden und deine Schuhe wieder hast und erzählst mir, wie es dem König Buh ergangen ist“ „Ganz bestimmt!“, sprach Pippi Pepperkorn, winkte den Apfelbaum im Weggehen noch freundlich zu, eh sie hinter der nächsten Biegung verschwand.
Der König Buh musste wohl mit den Schuhen noch viele Tage, oder Wochen, von hier nach da gesaust sein, eh er erschöpft aufgab, die Schuhe auszog und barfuß weiter ging. Pippi fand eines Tages ihre Schuhe am Ufer der Flüstre wieder, wo sich seine Spur verlor. Was aus König Buh wurde, wusste von da an keiner mehr zu sagen, auch die Flüstre wusste nichts. Oder man hatte sie nicht verstanden, da sie ein klitzekleines Bächlein war und so leise sprach. Das klitzekleine Schloss jedoch, in dem klitzekleinen Land auf der klitzekleinen Welt stand seitdem leer. Nur ein paar Tauben hatten sich darin eingenistet. Ihr meint vielleicht, auf so einer klitzekleinen Welt muss doch der König Buh zu finden sein. Aber denkt auch, so eine klitzekleine Welt kann manchmal schon sehr groß sein und vielleicht will König Buh gar nicht gefunden werden. Möglicherweise schämt er sich gar zu sehr für seine Tat. Wer weiß. Eines jedoch noch, bevor ihr das Buch zuklappt und beiseite legt. Solltet ihr König Buh doch einmal begegnen, dann seid so gut und grüßt ihn von mir.
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