Ich mußte immer daran denken, das jederzeit ein Popel an seiner Hand hängen könnte. Und ich ihn dann an meiner Hand hätte. Noch heute, wenn ich in ein Auto hineinschau, welches vielleicht gerade an einer Ampel steht, dann sitzt darin der Fahrer und popelt. Immer Männer. Den nächsten Tag habe ich meist Herpes an meiner Lippe. Ekelherpes. Einmal habe ich diese Werbung im Fernsehen gesehen, in dem ein kleiner Junge einen Popel ißt. Danach war mir drei Tage lang schlecht und ich konnte nichts essen. Ich habe mich gefragt, wer sich wohl so etwas ausdenkt. Werbung soll doch animieren zu kaufen. Sie soll veralbern und vorgaukeln. Was weiß ich. Das Bier trinken Regenwald rettet, obwohl dann so viel Bier getrunken werden müßte, bis auf einmal alle Bundesbürger betrunken sind und umfallen, damit überhaupt eine nennenswerte Fläche geschützt werden könnte. Werbung ist auch dafür da, lieber Tütensuppen zu kochen, als selber. Aber sie ist bestimmt nicht dafür da, einem zum Ekeln zu bringen. Arbeitsplätze schafft sie auch, ja o.k. Aber Ekel? Gut, das hat sie bei mir jedenfalls geschafft. Eigentlich sollten Erwachsene immer Vorbilder sein für Kinder und Lehrer sowieso. Diese Hoffnung verlor ich schon kurz nach der Einschulung. Die meisten Lehrer sind vom Dogmatismus geplagte Menschen, die sich erhoben und erhaben über ihre Schüler fühlen. Dabei langweiliger und gähnender Sprache den hin und wieder interessanten Stoff an den Tag legen, hunderttausend Mal wiederholen und keinem Schüler etwas besser wissen lassen, was sie eigentlich doch besser wissen. Lehrer verstecken gerne, daß sie im Grunde nicht viel wissen. Jedenfalls nicht viel mehr, als sie an der UNI vermittelt bekommen haben. Und da macht eben jeder seine SCHEINE und damit gut. Das heißt noch lange nicht, daß sie auch gebildet sind. Sie haben Angst vor Schülerinnen, die mehr wissen oder wußten als sie selber. Für mich war Schule langweilig, trotzdem ich gut war. Aber ich lernte lieber zu Hause, was mich wirklich auch interessierte. Ich lerne und lerne immer sehr gerne, darum mochte ich die Schule nicht. Dieser Stoff ist viel zu oberflächlich. Oft wird gerade mal etwas angerissen. Wirklich lernen kann man nur selber. Außerdem hatte ich schon immer Probleme mir etwas sagen zu lassen. Autorität gab und gibt es für mich nicht. Und Lehrern zu glauben ist ja ein Ding, aber ob das dann auch richtig ist? Schließlich hat man ja auch mal geglaubt, daß die Erde eine Scheibe sei und den Politikern glaubt man ständig. Und man sieht ja, was dabei herauskommt- nichts als Lügen. Ein Dozent wollte mir mal weismachen, daß es keine Butterberge ( Überflußgesellschaft) gibt. Seitdem konnte ich ihm nie wieder etwas glauben, was er erzählte. Mein Glaube war von mir abgefallen. Aber leichter fühlte ich mich deswegen nicht. Ich wog noch genauso viel wie vorher. Das wollte ich dem Papst mitteilen, aber ich habe es dann gelassen, weil- Galileo ist ja auch erst vor ein paar Jahren heilig gesprochen worden. Und so lange will ich dann doch nicht warten.
Es gibt ja ständig neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Aber Lehrer vermitteln immer noch das, was vor 20 Jahren richtig war, heute überholt ist. Selbst an der Uni ist das ja so. Da wird ein starres Programm durchgezogen und damit basta in Pasta.
An jenem Tag aber mußte mich mein bester Freund trösten. Ich wollte mich mit Kaffee aus Liebe betrinken. Mit was sonst? Ich trinke nun mal keinen Alkohol. Und irgendein Laster muß man ja wenigstens haben. Ich rauche nicht, bin Vegetarierin, trinke keinen Alkohol. Normalerweise trinke ich nur Blümchenkaffee- Carokaffee. Ich hatte ja schon diskret darauf hingewiesen, daß ich deswegen durchaus keinen Blümchensex haben muß, nur weil ich Blümchenkaffee trinke... Aber der ist gesund, ohne Koffein. Nur, ich will mich nicht lächerlich machen im Café. Also trinke ich in Cafés eben Kaffee. Ich trank soviel Kaffee, bis mir schlecht war... und fühlte mich immer noch elend. Der Kaffee taugt eben auch nichts mehr, heutzutage. Unentwegt sagte ich zu L. daß ich Liebeskummer habe. Und wenn man das hat, dann trinkt man etwas, oder raucht wie eine Esse oder ißt sich dick und voll, verläßt Tagelang seine Wohnung nicht und vegetiert vor sich hin. Man hört Liebeslieder und alte Schnulzen und heult unentwegt. Aber ich konnte mich nicht so gehen lassen. Plötzlich beneidete ich die, die das können. Die sich ihre Hirnzellen vertrinken, die sich ihre Lungen verrauchen, die sich Torte um Torte hinein schieben. Wenigstens hat der viele Kaffee mir die Nachtruhe vermiest. Ich konnte kein Auge zu tun. Ich war Kaffeebetrunken. Da sieht man, was die Liebe alles anrichten kann...
Copyright by Birgit Marie Nessel 2003
<img src="http://mockinbird.bei.t-online.de/smilies/dance.gif" border="0">
|