Zwei Sprachen wohnen in mir. Die eine Sprache ist heiß, die andere kalt. Sie gleichen den Gewichten einer Waage. Ich bin in diesem Spiel ein kleines Männchen, das auf dem Mittelpunkt der Waage steht und versucht, sein Gleichgewicht zu halten, ohne die Sprachen zu verstehen. Zwecklos. Nie einigen sich die Sprachen. Schmeißt die heiße Sprache ihre glühenden Argumente in die Waagschale, ist die kalte Sprache zum Schweigen verurteilt. Die Waage kippt, ich rutsche hinterher. Doch kaum hat man sich an die Hitze gewöhnt, schlägt die kalte Sprache zurück. Mit aller Kraft wirft sie ihre eisigen Gewichte ins Feuer und die Waage kippt abermals. Ich, das kleine Männchen, versuche zu lernen. Bin ich, sagen wir, in die hitzige Waagschale gerutscht, warte ich, bis die Gluthitze nachlässt, um dann heimlich, still und leise, am Gerippe der Waage hängend, in die Mitte zu robben. Kaum gerobbt, höre ich von oben die eiskalten Gewichte herabsausen. Mit einem Eiswürfelklirren fallen sie in die andere Waagschale, ich werde nach oben katapultiert und rutsche in die kalte Schale. Was für ein Leben. Auf der einen Seite verbrenne ich mir den Arsch, auf der anderen Seite hole ich mir Hämorriden. Kennt denn keiner eine Übersetzung für die Sprachen „Herz“ und „Verstand“?
_________________ Der Kopf denkt weiter als man denkt.
Zuletzt geändert von Otti am Di 16. Sep 2003, 23:27, insgesamt 1-mal geändert.
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