Der Tropfen löste sich aus der großen grauen Wolke, die über dem Wäldchen stand. Mit atemberaubender Geschwindigkeit stürzte er der Erde entgegen und traf ein Blatt in der Krone einer Eiche, worauf er in Tausende kleiner Tröpfchen explodierte. Viele kleine Teile des Tropfens flossen zur Mitte des Blattes und trafen sich dort wieder. Dem Flusslauf des Blattes folgend, rollte der Tropfen über die Spitze des Blattes um im nächsten Moment auf einem anderen zu landen. Kein Ende in Sicht. Unser nasser Freund verfing sich in einem Spinnennetz. Die eine Hälfte des Tropfens suchte sich den linken Weg des äußersten Fadens, die Andere den rechten. Unten angekommen trafen sie sich wieder und der Flug ging weiter. Die Spitze eines Grashalms trennte unseren Freund abermals. Links und rechts flossen sie die Seiten des Halms entlang und schluckten sich am Ende des Grüns gegenseitig. Auf der Erde angekommen, wurde er von Tausenden von Tropfen auf ihrem Weg bergab aufgenommen. Das Rinnsal wurde schneller und schneller und fand schließlich sein Ziel, einen Bach. Dachte unser feuchter Freund ein aufregendes Leben geführt zu haben, wurde er hier eines Besseren belehrt. So viel gab es zu erleben. Manchmal träge und faul, schaute er sich die Welt von unter der Oberfläche an. Wenn die Sonne schien, spiegelten sich Millionen von Regenbogen in ihm. An anderen Tagen ging es wie damals, als er vom Himmel fiel, voran. An trüben Tagen gesellten sich immer neue Tropfen zu ihm und seinen Weggesellen. Einmal wurde er von einem unheimlichen Wesen mit großem Maul aufgefressen und wieder ausgespuckt. Das Leben war ein Abenteuer. Ein anderes Mal kam er an einem Abgrund und flog wieder…..Wie damals, am Anfang. Alles schien unendlich. Doch eines Tages hörte unser Freund aus der Ferne ein Murmeln. Ruhig, besänftigend, leise und still erzählte es von einer anderen Welt. Unser Tropfen traf den Fluss und mit ihm etwas neues. Es gefiel unserem Tropfen plötzlich ruhig zu sein, sich zu besinnen und dem Lauf der anderen Tropfen zu lauschen. Der Zeiten Lauf hatte sich verändert. Manchmal hörte er monatelang nichts außer dem Fluss. Er war fast vollkommen eingeschlafen, als er ein Geräusch vernahm, dass er kannte. Millionen und Millionen von Tropfen sangen ein Lied. Von Heimkehr sangen sie. Von Unendlichkeit und Ewigkeit. Vor seinen Augen erstreckte sich eine solch große Welt, wie er sie nie für möglich gehalten hätte. Er floss mit den anderen Tropfen in die Unendlichkeit und hörte die Geschichten der anderen Tropfen. Eines Tages sind wir ganz oben. Und dann werden wir emporgehoben, fliegen ins Licht und reisen über die Welten. Dann, eines fernen Tages, werden wir wieder fallen und leben……und unser kleiner Freund spürte, dass er angekommen war. <img src="http://www.gif-art.de/gifs2134/wasser/00009902.gif">
_________________ Der Kopf denkt weiter als man denkt.
Zuletzt geändert von Otti am Do 9. Okt 2003, 16:01, insgesamt 1-mal geändert.
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