Von Zeit zu Zeit treffen sich die menschlichen Gegensätze um sich gegenseitig von der Bedeutungslosigkeit des Gegensatzes zu überzeugen. In jener Nacht trafen sich die Hoffnung und die Hoffnungslosigkeit. Die Hoffnungslosigkeit hatte um die Aussprache gebeten und man traf sich nachts auf dem dunklen Felsen. Das war der Platz der Hoffnungslosigkeit. Jede Nacht saß sie hier und weinte ihr Elend in die Welt. „Sieh es doch endlich ein, Hoffnung. Es gibt keinen Grund für dich in dieser Welt. Schau dir die Erde doch an. Hunger, Not, Kriege. Die Menschen sind sich fremd geworden, haben den Glauben an das Morgen verloren. Was bleibt bin ich und meine Tränen. Sieh nur den Stein unter mir. Meine Tränen haben ihn ausgehöhlt, durchbohrt.“ Während die Hoffnungslosigkeit sprach, ging am Horizont die Sonne auf. Die Hoffnung hatte die ganze Zeit über still den Worten ihres Gegensatzes gelauscht. Nun hob sie den Stein auf und hielt ihn Richtung Sonnenaufgang. „Schau“, sprach die Hoffnung: „Du hast mit deinen Tränen einen Platz für das Licht geschaffen.“ Die Hoffnungslosigkeit blickte durch das Loch in das Sonnenlicht und ihre Tränen versiegten.
_________________ Der Kopf denkt weiter als man denkt.
Zuletzt geändert von Otti am Mo 27. Okt 2003, 10:21, insgesamt 1-mal geändert.
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