gegen mittag ging ich mit meinem hund spazieren. ich mache das immer so. alleine bin ich so müde…mit meinem hund, auch wenn er tot ist, ist es ganz ok. wir gehen immer den gleichen weg. der tod ändert nichts daran… …wir gehen also, wie immer, an den gärten vorbei. vorbei am garten der alten chinesin, die dort stets auf dem boden kniet und vor sich hinmurmelt. spricht man sie an, hebt sie den kopf und lächelt. dabei nickt sie unablässig mit dem ganzen körper. sie hält mich für einen buddha, denke ich. ich fragte sie mal, warum sie ständig auf dem boden kniet und murmelt. sie sagte, man müsse dem reis gut zusprechen, sonst könne er nicht wachsen. aber hier wächst kein reis, antwortete ich ihr. das könne nur daran liegen, dass ihre ansprache nicht gut genug sei, meinte sie. gegenüber ist der garten vom alten mayer. ja, genau…arschloch-mayer. in stalingrad hat ihn ein schrapnellsplitter am hirn gekitzelt. die russen haben ihm ´ne metallplatte in den kopf gemeißelt. von da an war er arschloch mayer. alle menschen, denen er begegnet, schreit er an: du arschloch, arschloch du! na ja…für die, die ihn nicht kennen, ist es schon blöd, aber wir hier im dorf haben uns daran gewöhnt. alle sind arschlöcher für ihn. auch die tiere. nur die hunde nicht. die hunde lieben ihn und er die hunde. auch meinen hund. ich stehe also da und grüße arschloch-mayer…<hallo mayer! rufe ich> und er antwortet direkt: du arschloch, arschloch du! dann sieht er meinen hund und kommt zum zaun. mein hund beginnt wie krank mit dem schwanz zu wedeln und mayer registriert das und lächelt. ich frage mich wirklich, wie mayer einen toten hund sehen kann. ein stück weiter des weges sitzt ´ne einsame krähe auf einem einsam dastehenden baum und erkrächzt uns was von der melancholie des herbstes. mein hund mag weder herbst noch krähen. wütend bellt er herbst und krähe an, worauf sich der vogel verzieht. der herbst bleibt. hier draußen im feld hat die sonne keine chance gegen den wind. die spuren der störche sind längst verweht. vom himmel winkt eine drachenwolke. ein stattlicher bursche. mit seinem schwanz ersticht er die sonne, worauf sie vom maul des drachen verschluckt wird. ohne sonne macht es hier echt keinen spaß. mein hund meint, wir sollten gehen. zwischen den fachwerkäusern lässt es sich gut vor dem wind verstecken. winfried steht am briefkasten und unterhält sich mit ihm. das macht er immer so. er hat sonst niemanden zum sprechen. seine mama ist bei der geburt gestorben. er beinah auch. sein hirn hat zu wenig sauerstoff gekriegt, irgendwie. dann hat ihn oma großgezogen. aber oma ist nun auch schon lange tot. winfried ist knecht. er hilft den bauern. mist wegmachen und so. der bechtebauer hat mal gesagt, wenn der winfried mit den kühen spreche, wäre die milch noch mal so gut. er hätte so eine beruhigende stimme. na…ich weiß ja nicht. winfried stottert wie blöde. bis der guten morgen gesagt hat, ist es guten abend. mir soll´s recht sein. kühe sind eh blöd. ich frage winfried, mit wem er denn spreche. mit dem brief von der hübschen jungen frau dort, antwortet er. das sei ein liebesbrief für ihn und er beantworte ihn gerade. der winfried hat echt einen hau, sage ich euch. mit seiner linken hand öffnet und schließt winfried den deckel des briefkasten und spricht dabei mit verstellter stimme, die wohl die frau sein soll. anschließend antwortet er ihr mit seiner stimme. >ich geh dann mal lieber>, sag ich, schnapp mir meinen hund und geh. so! jetzt habe ich euch alles wichtige von heute erzählt. nun gehen wir schlafen. gute nacht bild. gute nacht gummibaum und gute nacht mein lieber stuhl. und all ihr anderen…schlaft auch gut.
_________________ Der Kopf denkt weiter als man denkt.
Zuletzt geändert von Otti am So 25. Sep 2005, 13:43, insgesamt 1-mal geändert.
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