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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: So 9. Jul 2006, 22:21 
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Mensch Zidane! Was für ein Abgang. Schäm dich!

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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: So 9. Jul 2006, 22:30 
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ein grottenschlechtes endspiel. gestern endete die wm irgendwie. na ja...wenigstens das elfmeterschießen verspricht spannung.

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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: So 9. Jul 2006, 23:08 
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Auf die Gefahr hin, dass ich ein Faul begehe :

Italien, ich gönne Dir diesen Titel nicht !

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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: So 9. Jul 2006, 23:10 
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Antifußball gewinnt WM !

Gott sei Dank haben wir nicht die Seria A sondern die Bundesliga.

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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: Mo 10. Jul 2006, 08:25 
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<a target="_blank" href="http://www.youtube.com/watch?v=NBV52GPhNjw">http://www.youtube.com/watch?v=NBV52GPhNjw</a>

die italiener sind weltmeister der provokation und der schauspielerei... und trotzdem darf einem profi wie zidane so etwas nicht passieren.

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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: Mo 10. Jul 2006, 08:27 
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"wer das endspiel gewinnt ist weltmeister", sagte einmal ein gewisser werner kohlmeyer. so ist es!

<a target="_blank" href="http://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Kohlmeyer">http://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Kohlmeyer</a>

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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: Mo 10. Jul 2006, 13:14 
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<p><blockquote><font size="1" face="Verdana, Arial">Quote:</font><hr>Mensch Zidane! Was für ein Abgang. Schäm dich!<hr></blockquote></p>

<p><blockquote><font size="1" face="Verdana, Arial">Quote:</font><hr> Auf die Gefahr hin, dass ich ein Faul begehe :

Italien, ich gönne Dir diesen Titel nicht !
<hr></blockquote></p>

<img src="http://www.ottolenk.de/smileys/yes.gif" border="0"> <img src="http://www.ottolenk.de/smileys/yes.gif" border="0">

zu beidem.

ein grottenschlechtes spiel. ich bin sehr enttäuscht von diesem ende der wm.


aber - laßt uns das vergessen. und "unser finale" vom samstag feiern. das war was - fußball, stimmung, erfolg, freude - verdient.
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Lieben Gruß,
Kathrin smiley_1:

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dem wort anheim fallen...


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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: Mo 10. Jul 2006, 13:54 
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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: Mo 10. Jul 2006, 14:04 
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»Der Schriftsteller Günter Grass über Klinsmann, die WM-Euphorie in Deutschland und die Patriotismus-Debatte

Von Ludger Schulze und Kurt Röttgen
Herr Grass, woher kommt Ihre Nähe zum Fussball?

Durch meinen jüngsten Sohn. Wir zogen aufs Land, und das erste, was er tat, war, in den Fussballklub von Wewelsfleth Einzutreten. Das ist ein Dorf in der Wilstermarsch, in der Nähe von Glückstadt an der Elbe. Vielleicht auch, um als Berliner Stadtkind Eindruck zu machen, hat er mich überredet, einmal in der Altherrenmannschaft mitzuwirken. Ich war völlig untrainiert, Linksaussen der Mannschaft. . .

…zumindest die richtige Position…

Ja, das passte. Und dann hat mich der fürchterliche Ehrgeiz gepackt. Ich wollte eigentlich nur eine Halbzeit mitspielen, habe dann aber bis in die zweite Halbzeit hinein ausgehalten und hinterher vier Tage lang mit geschwollenem Knie zugebracht.

Wie alt waren Sie da?

In den Fünfzigern. Alle, die davon hörten, haben hinterher den Kopf geschüttelt. Hätte schlimmere Folgen haben können. Aber mein Sohn war sehr stolz und hat behauptet, ich hätte von Linksaussen ein paar ganz gute Flanken gegeben. Wie Lahm.

Deutschland hatte in den vergangenen Wochen den Traum, Fussball-Weltmeister zu werden. Haben Sie mit geträumt?

Ja. Aber immer mit dem Hintergedanken: Hoffentlich scheiden wir nicht zu früh aus und schaffen nur das Achtelfinale. Es ist ein Wunder, ein Wunder und eine Leistung von Klinsmann, dass wir’s bis ins Halbfinale geschafft haben. Damit sollten wir mehr als zufrieden sein. Ich hatte auch das Gefühl, hinterher im Gespräch mit Leuten, dass viele so dachten: Wir haben es weit geschafft.

Eine erstaunliche Entwicklung, wenn man bedenkt, wo die Nationalmannschaft vor zwei Jahren stand.

Und gegen welche Widerstände Klinsmann, auch in der Öffentlichkeit, sich durchgesetzt hat. Was ich an Klinsmann bewundere, ist - ausser seiner sportlichen Leistung und seiner Leistung als Trainer -, dass er, was wenige in diesem Sportgeschäft tun, sich der «Bild-Zeitung» verweigert hat. Man hat ihn ja auch bestraft. Die übelsten Angriffe kamen von dort und viele haben ihnen nachgeplappert.

Aber er hat sich auch kurz vor der Weltmeisterschaft mit Springer-Vorstand Mathias Döpfner und Chefredaktoren des Verlages getroffen. Dabei wurde eine Art Interimsfrieden geschlossen. Das spricht für seine Klugheit.

Wie viele Spiele haben Sie im Stadion miterlebt?

Zwei in Berlin, zwei in Dortmund, eins in München, das war gegen Schweden, und mit meiner Frau war ich in Hannover und habe dort Frankreich gegen Spanien gesehen. Und dann natürlich zwischendurch Spiele im Fernsehen. Ich habe das mit Interesse verfolgt und zum Beispiel bedauert, dass die sehr schön spielenden afrikanischen Mannschaften ausgeschieden sind.

Wie darf man sich den Stadionbesucher Grass vorstellen? Werden Sie erkannt, angesprochen?

Ja, sicher. Ich habe im Laufe meines Lebens gelernt, dass sich dagegen zu wehren viel anstrengender ist, als dem nachzugeben. Es ist ein bisschen umständlicher geworden, weil sich die Wünsche früher auf ein Autogramm beschränkten. Jetzt hat jeder sein Handy mit Fotografiermöglichkeiten. Das ist manchmal umständlich, aber auch in Ordnung, weil es in einer angenehmen und nicht aufdringlichen, fast schüchternen Weise vorgetragen wurde.

Klinsmann hat Begeisterung ausgelöst. Mit ihm kam ein Stück kalifornisches Lebensgefühl, kamen Optimismus und Spass nach Deutschland. Wie haben Sie ihn wahrgenommen?

Im Stadion ist er sehr weit entrückt. Ich habe ihn im Fernsehen wahrgenommen. Da ist er als jemand zu sehen, der nicht ruhig auf der Bank sitzt, der mit leidet und sich mit freut, der eine glückliche Hand hat. Dass bei einigen Spielen im richtigen Moment eingewechselt wurde, Odonkor und Neuville zum Beispiel, das sind schon geniale Momente, die auf Klinsmann zurückzuführen sind.

Vor paar Monaten wurde noch seine Entlassung gefordert.

Wie er dem Druck der Öffentlichkeit widerstanden hat, finde ich bewundernswert. Die Zähigkeit, mit der er Ziele verfolgt hat. Das hat nichts mit Kalifornien zu tun, sondern mit seiner planenden Art. Ich weiss, dass er, bevor er als Spieler nach Italien ging, Italienisch gelernt hat, dass er sich auf ein Land vorbereitet, dass er ein neugieriger Mensch ist. Wenn ich schon da hinkomme, dann will ich wissen, wer ist Michelangelo, wer ist Leonardo, wer Raffael?

Die Tageszeitung «Die Welt» hat Angela Merkel empfohlen, von Klinsmann zu lernen. Dann muss sie sich - so wie Klinsmann sich mit der Öffentlichkeit angelegt hat - bei der Gestaltung einer Gesundheitsreform zum Beispiel mit der Pharmaindustrie anlegen. Das tut sie nicht. Wenn sie von Klinsmann lernen wollte, dann diese Art von Ausreizen der eigenen Unabhängigkeit. Dann müsste sie diese Konsequenz des Widerständigen übernehmen, auch diese Art von Zähigkeit.

Kann ein Fussballcoach einer Nation tatsächlich als Vorbild für Reformfähigkeit dienen?

Ich meine, so etwas ist immer ein bisschen an den Haaren herbeigezogen. Aber in der allgemeinen Ratlosigkeit, in der wir uns befinden, und in dieser Bedenkenträgerei, in die wir auch sicher wieder zurückfallen werden, wenn die Euphorie der Weltmeisterschaft abklingt, ist ein solch an den Haaren herbeigezogener Vergleich nicht so ganz ohne. Man wird abwarten müssen, was nun geschieht: Ob wir stark genug sind, ein einmaliges Talent wie Klinsmann zu halten.

Wir nehmen mal an, Sie würden es befürworten.

Aber natürlich! In zwei Jahren ist die Europameisterschaft, und diese junge Mannschaft muss in guten Händen bleiben.

Beim DFB und in der Bundesliga gibt es Widerstände.

Klinsmann ist einen anderen Weg gegangen, einen Weg, der, sagen jetzt viele, auf die Bundesliga abfärben sollte, damit die aus ihrer Provinzialität herauskommt. Was ich bezweifle, weil die Fraktion der Bedenkenträger bei uns so stark ist. Das trifft auf viele Bereiche zu, nicht nur auf die Politik.

Cesar Luis Menotti, der argentinische Weltmeistertrainer von 1978, vertritt die These, dass sich im Fussball das Lebensgefühl eines Volkes ausdrücke. Haben Sie an der Spielweise der Klinsmann-Elf etwas erkannt, was Sie als typisch deutsch empfinden?

Diese junge Generation ist viel internationaler, als ihr bewusst ist. Wie sie gespielt hat, das liesse sich vielleicht mit der spanischen Mannschaft ein wenig vergleichen. Die hatte auch eine Art, frisch aufzuspielen, die mir streckenweise imponiert hat. Das ist eine Spielweise, die nicht auf Deutschland beschränkt ist. Ich glaube nicht, dass Klinsmann es mit nationalem Auge gesehen hat. Er ist von der Gesamtentwicklung des Fussballs ausgegangen und von seinen Erfahrungen, die er auch international gesammelt hat, und hat versucht, es diesen empfänglichen jungen Spielern beizubringen.

In der globalisierten Gesellschaft gibt es den typischen Nationalcharakter im Fussball nicht mehr?

Wir haben beim ersten Titelgewinn 1954 im Endspiel gesehen, dass Teamgeist die Qualität eines Spielers wie des Ungarn Puskas ausgleichen kann. Das ist sicher auch Klinsmann gelungen - bis zum Halbfinale. Aber das versuchen andere Mannschaften auch.

Willensstärke, Kampfkraft, Ordnung und Disziplin gelten immer noch als deutsche Tugenden.

Schauen Sie sich Raymond Domenech an, den Trainer der Franzosen. Er wirkt in der Öffentlichkeit wie ein deutscher Oberlehrer. Dem ist das Kunststück gelungen, berühmte Namen, alte Herren innerhalb des Fussballbegriffes vom Alter, mit jungen ,unverbrauchten Spielern zusammenzubringen. Wenn das Wort «typisch deutsch» gelten soll, ist er in seiner Art und Weise, mit Strenge hauszuhalten, eher typisch deutsch gewesen als Klinsmann.

Bei den Franzosen war er zumindest bisher nicht sonderlich beliebt.

Ich will damit auch sagen: Die Politiker sollten aufhören, uns auf irgendeinen Kanon festzulegen, worauf wir Deutsche stolz zu sein haben, was unsere Tugenden sind, und nur unsere Tugenden, was typisch deutsch sein soll. Dafür ist die Welt zu sehr durcheinander gewürfelt. Das muss ja nicht von Nachteil sein. Ich weiss es aus der Literatur und aus der Kunst insgesamt, dass die grössten künstlerischen Leistungen immer aus Mischungen heraus entstanden sind.

Sehen Sie in Klinsmann den weltoffenen Deutschen?

Ja. Aber er ist dabei nicht unverbindlich geworden. Er spielt uns nicht den Kosmopoliten vor. Er ist immer auch der Bäckerbursche geblieben.

Der einen Teil der Landsleute damit ärgert, dass er lieber im Sonnenstaat am Pazifik als in Deutschland wohnt.

Wissen Sie, ich bin so oft vaterlandsloser Geselle genannt worden, dass ich darüber nur noch lachen kann.

Die Kanzlerin nennt den schwarz-rot-goldenen Taumel der letzten Wochen einen «unverkrampften Patriotismus». Wie nennen Sies?

«Unverkrampft» stimmt auf jeden Fall. «Patriotismus» klingt mir jetzt ein bisschen draufgesetzt, weil es bei vielen sicher unbewusst geschieht. Aber sie sehen Anlass, Flagge zu zeigen. Das reicht doch schon mal, ja? Da sich sonst wenig Anlass bietet, Flagge zu zeigen, lädt der Sport und die sportliche Veranstaltung dazu ein. Mein Begriff von Patriotismus beruht auf einer Formel, die der Philosoph Habermas erfunden hat und die - leider - nicht angenommen worden ist: der Verfassungspatriotismus. Ich brauche für Patriotismus keinen Fussball.

Was hat die Deutschen in eine derart positive Stimmung versetzt?

Ich glaube, sie konnten sich mit dieser Klinsmann-Elf und den Ersatzspielern identifizieren: mit deren Begabung, mit deren Unzulänglichkeiten und den Wagnissen. Wir leben ja in einer Welt, in der Wagnisse überhaupt nicht mehr eingegangen werden. Alles wird abgesichert, der Kompromiss wird beschlossen, bevor er ausgehandelt ist. Ich habe nichts gegen Kompromisse in der Politik, die muss es geben. Aber der vorgefasste Kompromiss lähmt uns in vielen Fällen, nimmt uns unsere Bewegungsfreiheit. Was sie auf dem Spielfeld erlebt haben, ist eben dieses eingegangene - auch kalkulierte - Wagnis, mit dem genialen Blitz und notfalls den Einwechslungen, wenn es nicht so klappt. Ich glaube, das hat uns Deutschen und manchen anderen auch mitgerissen. Deutschland wirkt jung wie nie zuvor. Dies war auch die Reaktion des Publikums in den Stadien wie ausserhalb der Stadien auf eine junge Mannschaft, die auf eine - für deutsche Verhältnisse - verblüffend neue Art gespielt hat: offensiv eingestellt, in einem Mannschaftsverhältnis, wo man bereit war, Fehler sofort auszugleichen; jeder sprang für den anderen ein. Ich glaube, das hat sich auch auf das Publikum übertragen und hat dazu beigetragen, dass alles so heiter verlief. Der Historiker Hans-Ulrich Wehler meint: Dieser angebliche Patriotismus sei nichts anderes als eine Parallelerscheinung zum rheinischen Karneval. Er spricht aber auch von einem schweren Schlag für die Rechten, die Neonazis. Das Thema Nationalbewusstsein haben wir ohne Not den Rechtsradikalen überlassen. Sicher ist diese Kollektivleistung während der Weltmeisterschaft nicht erbracht worden, um den Rechtsradikalen eins auszuwischen. Ihnen ist auf ganz freiwillige, spontane Art und Weise das Wasser abgegraben worden. Sie konnten nicht mehr mithalten; jedenfalls nicht in ihrer Form, sie hätten sich lächerlich gemacht. Es ist ein wunderbares Nebenprodukt dieser Weltmeisterschaft, dass auf eine einfallsreiche Art und Weise Flagge gezeigt wurde. Gut, man kann auch sagen: Das war wie ein Kostümfest und hatte etwas vom Volksfest oder von mir aus von Karneval.

Denken Sie, dass die Deutschen im Umgang mit ihrer Nationalität ein Stück Normalität erlangt haben?

Mit diesem Wort bin ich sehr vorsichtig. Wir haben nun mal die Last unserer Vergangenheit. Und wenn wir mit einem gewissen Selbstbewusstsein, ich will nicht sagen mit Stolz, wahrnehmen, dass wir uns in Deutschland seit 1945 von Generation zu Generation immer neu mit dieser Last herumschlagen, die junge Generation weiss Gott nicht mehr als mitschuldig oder gar als Täter, und dennoch eine Verantwortung spüren, dann ist das eine Leistung. Selbst wenn wir meinten, jetzt ist genug getrauert und jetzt ist genug bewältigt - in Anführungsstrichen. Diese Auseinandersetzung ist eine Leistung, die auch mehr und mehr, glaube ich, vom Ausland gesehen und anerkannt wird. Aber das Wort «Normalität» würde ich in dem Zusammenhang nicht gebrauchen. Wobei sich das Bild von den Deutschen im Ausland durch die WM offenbar verändert hat. Der «Stern» zitiert einen Kulturredaktor der brasilianischen Zeitung «O Globo», der sagt: «Ich habe keine der depressiven Figuren gesehen, die ich aus den Filmen von Rainer Werner Fassbinder kannte; nur höfliche Menschen mit guten Manieren, hilfsbereit und gut gelaunt, in einem organisierten, aber entspannten Land.» Ich bin bei solchen Äusserungen vorsichtig. Auf der einen Seite ist da das Bild, das man sich im Ausland von uns gemacht hat, zu dem auch aus verschiedensten, auch aus Propagandagründen, beigetragen wurde, und das auch zum Teil der Realität entsprach. Das Deutschland der Nachkriegsjahre, das ich erlebt habe, war von Restauration gezeichnet. Es gab ein Spiessbürgertum, auch das Deutschland der Neureichen. Die Proteste der 68er gingen dann in die Breite der Bevölkerung hinein. Die Auseinandersetzungen über die damals anstehenden Themen, die deutsche Vergangenheit, Auschwitz wie auch der Vietnamkrieg oder die Verkrustung der Gesellschaft, wurde in allen Familien diskutiert. Das ist, glaube ich, der erste bis heute nachwirkende positive Bruch in einer vermieften Tradition gewesen. Was wir heute erleben, baut darauf auf. Das eine ist ohne das andere nicht zu denken.

Was hat Sie an der WM besonders fasziniert?

In Vorbereitung der Weltmeisterschaft hat man viel geunkt und Sicherheitsbedenken gehabt. Und dann lief alles ganz anders. Sehr heiter, sehr locker. Die Deutschen waren sogar bereit, auf eine fröhliche Art und Weise Flagge zu zeigen, und haben aus der Flagge ein vielfach verwendbares Bekleidungsstück gemacht: vom Wickelrock bis sonst wohin. Diese unorganisierte spontane Art war überzeugend. Ich glaube, auch für viele Ausländer, die es miterlebt haben. Und ich hoffe, dass sich die Politiker im Nachhinein zurückhalten, nicht auf dieser Welle mitreiten und das Ganze zu etwas stilisieren, was es nicht sein kann und nicht sein wollte.

Welche Szene, welcher Spieler hat sich Ihnen besonders eingeprägt?

Also, für mich ist ein überragender Spieler einer, der beim letzten Spiel gefehlt hat: Frings. Ich glaube auch, dass Ballacks Leistung bei diesem letzten Spiel etwas nachgelassen hat, weil Frings fehlte. Die beiden sind sehr gut zusammengewachsen. Oder die eingewechselten, Odonkor oder so einer, der im Strafraum Wunderbares gezeigt hat, wie Neuville. Bewundernswert ist, wie trotz der Verletzung der junge Philipp Lahm aufgespielt hat. Und ich fand die Szene vor dem Elfmeterschiessen zwischen Kahn und Lehmann schon bewegend.

Der kurz vor der WM als Stammtorwart abgelöste Kahn sprach seinem Nachfolger Mut zu. Beeindruckte Sie diese Haltung?

Ja. Das ist jetzt keine Kritik, die ich äussere. Ich glaube, dass die Position des Torwarts, wenn er gut ist, immer extreme Figuren hervorbringen wird - bis zum Exzesshaften, was auch bei Kahn sehr ausgeprägt ist, bis zur gelegentlichen Kälte bei Lehmann. Und wenn zwei derartige Einzelexemplare, die sich in ihrer Art so unterscheiden von den Feldspielern, in einer solchen Situation zusammenfinden, ist das schon bewegend.

Die ganze Welt schwärmt vom 34-jährigen Zinédine Zidane.

Zidane ist natürlich in seiner Bescheidenheit einzigartig, auch in der Meisterlichkeit seines Spiels, in der spielerischen Ruhe, wie er, wenn er einen Pass gibt, genau weiss, wo der hin muss. Und auch, wie er «im Alter» bereit gewesen ist, nochmals mitzumachen in der Nationalmannschaft, ist grossartig. Und was er in einem Land leistet, das auch nicht auf französische Art und Weise fertig wird mit den vielen Einwanderern aus Nordafrika, das ist schon grossartig. Das wird wahrscheinlich auch von vielen Franzosen so wahrgenommen. Sicher auch von den Leuten in der Banlieue von Paris und anderen Städten, die unter bedrückenden Umständen leben, wo es zu Gewaltausbrüchen kommt. Da ist Zidane sicher jemand, der vorbildlich wirkt.

Welche Botschaft geht von dieser WM aus?

Also, die naheliegende Botschaft für mich ist: In zwei Jahren ist Europameisterschaft. Vor einiger Zeit haben Sie angemahnt, man müsse den «Kapitalismus zivilisieren». Da kommt man sofort auf die Fifa. Hier muss sich etwas ändern. Doch trotz dieses kapitalistischen Zugriffs, dieser Gewinnmacherei, ist es zu einem Volksfest gekommen; die Weltmeisterschaft wurde wirklich gefeiert. Das ist das Wunderbare: Man hat sich nicht um die Fifa gekümmert, diese Stimmung hat sich dem Zugriff der Fifa entzogen. Mit «zivilisieren» meine ich in diesem Fall, dass der Fifa innerhalb des kapitalistischen Wildwuchses ein Mass angelegt werden muss.

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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: Mo 10. Jul 2006, 20:39 
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endlich mal was Vernünftiges zum Thema <img src="http://www.ottolenk.de/smileys/65.gif" border="0">

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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: Di 11. Jul 2006, 11:56 
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Und immer wieder diese Angst.
Und immer wieder sollten wir uns ducken.
Schweigen, erdrücken lassen von der Last.
Sollten schwer und traurig sein.
Denn kaum schreit da einer ja…da brüllen alle schon.
Ja und ja und ja.
Deutschland, Deutschland!
Wir sollten schweigen,
still und traurig sein.
Denn in Wahrheit sind wir alle kleine Hitler.

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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: Di 11. Jul 2006, 20:28 
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nicht vergessen dürfen wir halt, und aufpassen müssen wir, immer wieder, so gut wir können.
das ist nicht zu viel verlangt.

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bye, bye, my I


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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: Di 11. Jul 2006, 20:36 
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<p><blockquote><font size="1" face="Verdana, Arial">Quote:</font><hr>nicht vergessen dürfen wir halt, und aufpassen müssen wir, immer wieder, so gut wir können.
das ist nicht zu viel verlangt.<hr></blockquote></p>

da bin ich ganz ohne sorgen. das heute leben mit dem wissen um das gestern.

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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: Di 11. Jul 2006, 20:41 
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Leider kann ich deine Meinung lieber Otto hier nicht teilen.

Die Gefahr ist da.

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 Betreff des Beitrags: Re: WM
BeitragVerfasst: Di 11. Jul 2006, 22:00 

<p><blockquote><font size="1" face="Verdana, Arial">Quote:</font><hr>Leider kann ich deine Meinung lieber Otto hier nicht teilen.

Die Gefahr ist da.<hr></blockquote></p>

die gefahr ist überall da, drum sollen die klugen reden und nich schweigen.


Zuletzt geändert von orinoco am Di 11. Jul 2006, 22:02, insgesamt 1-mal geändert.

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