Liebe Annabel,
ich muss dir schreiben, welche Wörter ich besonders liebe. Das ist mir immer das erste an einem Gedicht.
liedvögel
holzgestürz
schneeregenfallen
wir vertieft in stiefelsprachenWunderbare Phantasieträger sind das!
Wenn ich so etwas täte (aber nein!), würde ich sie mir gern mopsen.
Annabel, mir geht es wie dir, ich bin auch froh über Betrachtung, Besprechung und Anmerkung zu meinen Gedichten! Es hilft allemal. Ob man eine Schwäche sieht und dank des Lesers "behandelt" - oder ob man sich abgrenzt und umso sicherer ist, die eigene Sprache und eigenen Ton und Inhalt für einen Text gefunden zu haben.
Also Heidrun, nur weiter mit aufmerksamem Lesen und Kritik!
Ich habe eine Freundin, die früher auch schrieb. Und wir tauschten uns aus. Sie schrieb sehr kurze Gedichte, am glücklichsten war sie, wenn es ihr gelungen war, ihre Aussage in nur drei Zeilen zu fassen.
Zu meinen Gedichten hatte sie dann meist die Länge, die Fülle, die Opulenz anzumerken. Schrieb, welche Zeilen ihr wichtig waren in meinem Text. Und das waren meist nur wenige. Zum Scherz überschrieb sie manchmal ihre Antworten mit "Hier kommt G. mit der Kürzungsschere". - Aber wir erkannten gegenseitig an, dass unser Ausdruck in den Gedichten unterschiedlich war und so bestehen durfte.
Annabel, eine Anmerkung hätte ich. Ich bin über die doppelte Partizipform in einer Zeile gestolpert:
wintergebleichtem holzgestürzHier würde mir "winterbleichem holzgestürz" ausreichen und griffiger scheinen.
Ich hoffe, dass wir bald von Stiefelsprache auf moderateres Schuhwerk wechseln können.
Wir haben ja alles parat, nicht wahr. Anderen müssen wir ein Leben und eine Sprache ohne Stiefel vielleicht immer wieder vorleben.